Auswahl- und Kontrollverschulden iZm § 217 Abs 7 BAO

Der UFS hat sich kürzlich in drei Entscheidungen mit der Frage des Vorliegens eines Auswahl oder Kontrollverschuldens iZm § 217 Abs 7 BAO beschäftigt. Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.


UFS 9.11.2007, RV/2031-W/06: Säumniszuschlag, kein grobes Überwachungsverschulden bei Fehler der für steuerliche Agenden zuständigen Buchhaltungskraft des Steuerberaters

Im gegenständlichen Fall kam es aufgrund einer fehlerhaften Verbuchung differenzbesteuerter Umsätze durch die Buchhaltungskraft des steuerlichen Vertreters zu einer verspäteten Entrichtung der Umsatzsteuer. Es tellte sich die Frage, ob den Bw dadurch ein grobes Verschulden trifft, dass eine Anwendbarkeit des § 217 Abs 7 BAO ausschließt.

UFS: Ein grobes Verschulden seitens des Steuerpflichtigen liegt dann nicht vor, wenn das grobe Verschulden von Arbeitnehmern des Abgabepflichtigen bzw. des Parteienvertreters verursacht worden ist, soweit dem Abgabepflichtigen selbst bzw. dem Parteienvertreter kein grobes Verschulden anzulasten ist. Bedient sich ein Abgabepflichtiger eines Vertreters, ist (grobes) Verschulden des Vertreters grundsätzlich dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten. Hat der steuerliche Vertreter die von seiner Buchaltungskraft erstellten monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen durch einen weiteren Mitarbeiter einer Plausibilitätsprüfung unterzogen, ist er seiner zumutbaren Überwachungs- und Kontrollpflicht nachgekommen, sodass den Parteienvertreter selbst kein grobes Verschulden trifft. Es ist daher weiters zu prüfen, ob der Bw. selbst grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist. Sind keine Hinweise gegeben sind, dass der steuerliche Vertreter die entsprechenden Aufgaben bisher nicht korrekt erfüllt hätte konnte der Bw. im Hinblick auf das bisherige Verhalten ihres steuerlichen Vertreters mit der korrekten Erfüllung der übertragenen Aufgaben rechnen. Es trifft den Bw daher auch kein Auswahl- oder Kontrollverschulden.


UFS 4.12.2007, RV/0373-W/07: Kein grobes Überwachungsverschulden bei Fehler der für steuerliche Agenden zuständigen Ehegattin

Der Bw. hat die Erledigung seiner steuerlichen Agenden bzw. Zahlungsverpflichtungen aufgrund seiner laufenden Reisetätigkeit seiner Frau übertragen, wobei seine Frau die ihr übertragene Aufgabe bisher aus Sicht des Bw. offensichtlich auch immer zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt hat. Im Rahmen seiner Kontroll- und Überwachungstätigkeit hat der Bw. bei seiner Rückkehr aus dem Ausland festgestellt, dass die beauftragten Zahlungen ausnahmsweise nicht fristgerecht veranlasst wurden. Der Bw. (laut Vorlageantrag seine Frau) hat den Erlagschein unverzüglich nach Kenntnis des Fehlers der Bank zur Überweisung übergeben.

UFS: Grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO ist ua in einem Verhalten zu sehen, wenn das unbeachtet blieb, was im gegebenen Fall jedermann hätte einleuchten müssen und bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in ungewöhnlichem Maß verletzt wurde. Wesentliches Merkmal der auffallenden Sorglosigkeit ist die Voraussehbarkeit des Schadens. Wenn sich jemand über grundlegende und leicht erkennbare Vorschriften hinwegsetzt und sein Handeln den Eintritt des Schadens nicht bloß als möglich, sondern als wahrscheinlich erkennen ließ.

Im Falle der weisungswidrigen Nichtentrichtung von fristgebundenen Zahlungen ist das Verschulden der sonst verlässlichen Ehegattin des Bw. seinem Verschulden nicht gleichzusetzen. Entscheidend ist allein, dass der Bw. durch klare Weisungen an seine Gattin dafür Sorge getragen hat, dass die Zahlungen fristgerecht entrichtet werden, wobei eine Kontrolle jeder einzelnen Überweisung, die die - aus Sicht des Bw. bisher verlässliche - Gattin durchgeführt hat, also eine Überwachung "auf Schritt und Tritt" nicht erforderlich ist. Wird eine solche Weisung verletzt und konnte der Bw. im Hinblick auf das bisherige Verhalten seiner Gattin mit der Befolgung dieser Weisung rechnen, so kann aus der vorliegenden Missachtung einer solchen Weisung ein Verschulden des Bw. nicht abgeleitet werden.


UFS 30.11.2007, RV/0760-I/06: Mit Personalknappheit und vordringlichen Bilanzierungsarbeiten kann ein Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO nicht erfolgreich begründet werden.

UFS: Die Bw. hat ihren Antrag auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages zum einen auf dringend erforderliche Vorarbeiten für die Erstellung des Jahresabschlusses 2005 und zum anderen auf einen vorübergehenden Personalengpass infolge Ausscheidens mehrerer Dienstnehmer aus ihrem Unternehmen gestützt. Nach Darstellung der Bw. hätten diese Umstände dazu geführt, dass die Jahresabrechnung 2005 mit dem X-Amt nicht bis zum Fälligkeitstermin der Umsatzsteuervorauszahlung 12/2005 fertig gestellt werden habe können. Da diese Jahresabrechnung eine Nachforderung der Bw. gegenüber dem X-Amt ergeben habe, habe die pünktlich eingereichte Umsatzsteuervoranmeldung 12/2005 berichtigt werden müssen.
Der Hinweis auf die dringend zu erledigenden Vorarbeiten betreffend die Bilanzierung des Jahres 2005 kann im gegebenen Kontext nur so verstanden werden, dass die Bw. diesen Tätigkeiten den Vorrang gegenüber einer zeitgerechten Erstellung der in Rede stehenden Jahresabrechnung (als Voraussetzung für eine richtige Umsatzsteuervoranmeldung für 12/2005) glaubte einräumen zu müssen. Eine solche Betrachtungsweise vermag indessen den Standpunkt der Bw. nicht zu stützen, weil sich aus der gesetzlichen Verpflichtung zur Erstellung von Jahresabschlüssen und den damit verbundenen Tätigkeiten keine Rechtfertigungsgründe für eine Säumigkeit bei der Abgabenentrichtung ableiten lassen. Im Übrigen ist kein plausibler Grund dafür ersichtlich, warum die Ausarbeitung der gegenständlichen Jahresabrechnung (nicht näher konkretisierten) Bilanzierungsarbeiten hintangestellt werden hätte müssen.
Mit dem weiteren Vorbringen im Vorlageantrag, ein umfangreicher Personalwechsel zu Beginn des Jahres 2006 habe zu einer vorübergehenden Personalknappheit geführt, macht die Bw. im Ergebnis eine Arbeitsüberlastung von mit Agenden des Rechnungswesens betrauten Dienstnehmern als Ursache für die verspätete Abgabenentrichtung geltend. Mit dieser Behauptung wird ebenfalls kein fehlendes grobes Verschulden an der Säumnis aufgezeigt, weil es zu den unabdingbaren Anforderungen an eine ordnungsgemäße Büroorganisation gehört, dass Abgabenzahlungstermine auch dann eingehalten werden, wenn das Ausscheiden eines oder mehrerer Dienstnehmer aus dem Unternehmen eine Nachbesetzung der betreffenden Dienstposten erforderlich macht. Ganz abgesehen davon ist offen geblieben, warum es der Bw. trotz einer vorübergehenden Personalknappheit möglich war, Vorarbeiten für den Jahresabschluss 2005 zu leisten, diese Personalknappheit es ihr aber nicht erlaubt haben sollte, der Verpflichtung zur termingerechten Einreichung einer richtigen Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2005 nachzukommen.


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